Drei Einleitungen zur Zeichnung mit Licht
von
Dr. Stephan Brakensiek
1. Die Zeichnung mit Licht als Fotografie
Licht als Zeichenmedium entmaterialisiert die Zeichnung von ihrem Ergebnis und transformiert das Zeichnen zu einem reinen Prozess. Spuren dieses Prozesses, die traditionell als sogenannte Werkspuren in Form des Abriebs des Zeichenstiftes oder der mit der Feder aufgetragenen Tusche auf dem Zeichengrund zurückblieben, existieren beim Zeichnen mit Licht in der Realität nicht. Erst die Dokumentation des Prozesses mit einer auf Langzeitbelichtung gestellten Kamera fixiert das Ergebnis sichtbar auf analogem wie digitalem Film.
2. Die Zeichnung mit Licht als Video
Erfolgt die Dokumentation des Zeichenprozesses mit einer Videokamera, so bildet sich auf dem entstehenden Film keinesfalls die Zeichnung, sondern wiederum nur der auch für das Auge direkt erkennbare Prozess ab. Erst die Aneinanderreihung von während des Zeichenprozesses fotografisch simultan zur Filmaufnahme gemachten Langzeitbelichtungen der einzelnen Stationen des Lichtpunkts auf seinem Untergrund in Form einer Montage zusammen mit der tatsächlichen synchron montierten Videoaufnahme, zeigt die vom Künstler inszenierte Choreografie des Lichtpunkts in ihrer ephemeren Augenblicklichkeit zusammen mit seiner Werkspur. Hier wird das Video zur ›klassischen‹ Zeichnung, ergänzt um das Moment ›Zeit‹, der Beobachtung ihrer Entstehung: Prozess und Werkspur finden zusammen, wobei sich die Wahrnehmung des Zeichenaktes ins Medium der Videoprojektion verschiebt.
Wird der Zeichenakt mit dem Laserpointer in vielen fotografischen Einzelaufnahmen dokumentiert und werden diese sodann zu einer filmisch ablaufenden Sequenz am Computer in zeitlicher Folge zusammengebracht , so entsteht eine Animation, die, aus dem nicht digital ablaufenden Zeichenprozess abgeleitet, diesen Prozess in einen Film überführt, den Klaus Maßem selbst als eine neue Art von Zeichnung versteht.
3. Die Interaktive Zeichenperformance
Das Thema des »Originalen« thematisieren die Zeichenperformances. Hier zeichnet Klaus Maßem mit dem Laserpointer auf einer Projektionsfläche, während nicht er selbst, sondern die Teilnehmer der Performance mit ihm interagieren, in dem sie mit Hilfe ihrer eigenen Fotokameras sein Tun in Langzeitbelichtung dokumentieren. Verbleibt die vom Künstler ausgeführte Zeichnung an sich nur Prozess, ist unwiederholbar und im Moment ihrer Umsetzung auch schon wieder der Wahrnehmung entzogen, so bannt sie jeder Teilnehmer individuell auf seinen Film. Die so entstehenden »Abbilder« der ephemeren Lichtzeichnung sind nun jedoch keine Reproduktionen, sondern vielmehr Originale, denn die Zeichnung existiert nur in den Belichtungen der Performance-Teilnehmer, die sich jedoch durch Standortwahl der Kamera, Verschlusszeiten, Einstellungen der Blende sowie durch die mögliche Wahl eines Ausschnitts alle mehr oder weniger voneinander unterscheiden.
1. Drawing with light as photography
Light as a drawing medium dematerializes the drawing from its result and transforms the drawing into a pure process. Traces of this process, which traditionally remain on the drawing ground as so-called work traces in the form of the abrasion of the drawing pen or the ink applied with the pen, do not exist in reality when drawing with light. Only the documentation of the process with a camera set to long time exposure fixes the result visibly on analogue and digital film.
2. Drawing with light as video
If the drawing process is documented with a video camera, the resulting film does not show the drawing at all, but again only the process that is directly visible to the eye. It is only the sequence of long-term exposures of the individual stations of the light spot on its background, taken simultaneously with the filming during the drawing process in the form of a montage together with the actual synchronously mounted video recording, that shows the choreography of the light spot staged by the artist in its ephemeral instantaneousness together with the track of his work. Here the video becomes a 'classical' drawing, supplemented by the moment of 'time', the observation of its creation: process and work track come together, whereby the perception of the drawing act shifts into the medium of video projection.
If the act of drawing with the laser pointer is documented in many individual photographic shots and these are then brought together in chronological sequence on the computer to form a film sequence, an animation is created which, derived from the non-digital drawing process, transfers this process into a film which Klaus Maßem himself understands as a new type of drawing.
3. Interactive drawing performance
The theme of the "original" is addressed by the character performances. Here, Klaus Maßem draws with the laser pointer on a projection surface, while not himself but the participants of the performance interact with him by documenting his actions with the help of their own photo cameras in long-term exposure. If the drawing executed by the artist remains merely a process in itself, unrepeatable and, at the moment of its realization, already withdrawn from perception, then each participant is individually captured on film. The resulting "images" of the ephemeral light drawing are not reproductions, but originals, because the drawing exists only in the exposures of the performance participants, who all differ more or less from one another in the choice of camera location, shutter speeds, aperture settings, and the possible selection of a detail.